Es gibt Dinge, die tun nur kurzzeitig weh. Andere hinterlassen eine tiefe Narbe in der Seele. Verlorene Spiele oder schlechte Stimmungen kann man in unserem Lieblingssport schon innerhalb eines Spiels wieder vergessen machen. Andere Sachen vergisst man nie.
Hunderte Male war ich schon im Wellblechpalast. Ich habe viele Dinge erlebt. Freunde kennengelernt und alte Kumpels wiedergetroffen. Viele der Begegnungen waren schicksalshaft, haben mein Leben bestimmt. Heute möchte ich von meinem Freund Heiner erzählen.
Mit Heiner verbindet mich eine persönliche Freundschaft. Obwohl er schon 15 Jahre vor mir geboren wurde, hatten wir doch einige gemeinsame Interessen. Er war es, der mir in den Neunziger Jahren das Internet erklärte oder einfach nur mal kurz zum quatschen vorbei kam. In seinen Augen war stets immer ein enthusiastischer Blick. Ja, ich habe gemerkt, dass er mir immer genau zuhörta und mich stets in vielen Dingen auch beraten hatte. Oft war es aber auch einfach nur so, dass wir zusammen mit unserem Freundeskreis nur Spass hatten. Natürlich gehörten auch die Eisbären dazu. Damals waren wir auch öfter unterwegs. Und Heiner, selbstständiger Kurierfahrer, ließ es sich natürlich nicht nehmen, uns immer sicher an den Ort in der Republik zu bringen, an dem die Eisbären gerade spielten. Eigentlich logisch, denn Heiner war ja selber Eisbären-Fan.
Auch im Wellblechpalast war er oft zu sehen. Zwar war es immer so, dass er an jedem Abend von Berlin nach Lübeck und zurück fahren musste, aber wenn die Bären spielten, schob er schon mal die Zeit der Abfahrt nach hinten, um das Spiel micht zu verpassen. Zwar haute er sich dann sozusagen die Nacht noch mehr um die Ohren, es war ihm aber auch ein Bedürfnis.
Beeindruckend und nachhaltig geprägt hatte mich damals auch die Tatsache, dass es immer irgendwie einen Weg gibt, aus Krisen heraus zu kommen. Heiner krempelte damals mit 40 Jahren sein Leben noch einmal komplett um. Er tauschte seine Alltagskleidung gegen ein Lederoutfit und wurde Biker. Nicht nur ein ganz normaler Motorrad-Fahrer, sondern ein richtiger Biker.
Aber die äussere, härtere Schale, änderte nichts an seinen weichen Kern. Wir blieben die gleichen Freunde und die Eisbären auch seine Leidenschaft. Auf seiner Motorrad-Weste prangerte auch ein Eisbären-Aufnäher, auf den er immger ganz besonders Stolz war.
Das Leben von Heiner endete tragisch. In einer nasskalten Märznacht kam er von seiner Kurier-Tour nicht mehr wieder. Auf der Landstrasse, kurz hinter Lübeck, schnitt ihm ein entgegenkommendes Fahrzeug die Spur und raste frontal gegen sein Auto. Heiner hatte keine Chance zu überleben.
Zwei Tage später erhielt ich die Todesnachricht. Es ist der Moment, wo einfach alles nur leer ist. Die ganze Welt verschwamm vor meinen Augen. Die Erde stand still. Unendlich still. Wir waren doch verabredet, übermorgen! Wir wollten doch in meinen Geburtstag reinfeiern und in einer Woche nach Mannheim zum Play-off Spiel fahren! Wie unwichtig war das jetzt eigentlich alles. „Scheiss Eishockey! Du interessierst mich jetzt gerade mal überhaupt nicht“, waren meine nächsten Gedanken. Aber ich kam einfach nicht davon los. Mein Geburtstag war mir egal, aber in Mannheim war ich dabei. Alleine schon wegen Heiner. Und es wurde das erste gewonnene Play-off Spiel gegen die Adler im Friedrichspark. Mal ehrlich Heiner, da hattest Du doch mit dran gedreht, oder?
Ich kann mich auch noch gut an die Trauerfeier erinnern. Sie spielten von der CD das Lied von den Böhsen Onkelz „Der Platz neben Dir“. Ich stellte Dir zwar keine Rosen auf dein Grab, deinen Eisbären-Aufnäher, auf den du immer ganz besonders stolz warst, warf ich aber hinein.
Natürlich hatte Heiner auch immer den Traum, dass die Eisbären Meister werden sollen. Leider hat das als Mensch nicht mehr erlebt. Aber in einem Punkt bin ich mir ganz sicher: In der Meisternacht 2005, direkt nach der Schlusssirene, als sich der ganze Wellblechpalast in den Armen lag, stand ich damals alleine auf dem Zwischentritt am Block „I“. Aber ich habe es ganz deutlich gespürt! Heiner, in diesem Augenblick hast Du genau neben mir gestanden und Deine Hand auf meine Schulter gelegt. Du warst da!!! Danke für dieses Gefühl!
Ich weiß nicht Heiner, ob Du meinen Weg vom Himmel aus genau verfolgst. Ich wollte dir nur sagen, dass Du auch noch sechs Jahre nach deinem Tod mir verdammt fehltst!
Auch wenn jetzt bald kein DEL-Eishockey mehr im Wellblechpalast ist, die Andenken an Dich dort bleiben werden, so hast Du ja schon damals vorgesorgt, dass ich immer wieder an Dich erinnert werde. Denn mein Weg zur o2-World führt genau an dem Friedhof vorbei, auf dem dein Grab ist.
Heiner, es war mir ein Bedürfnis, dich auch hier auf diesem Projekt zu verewigen. Für mich bist du einer der emotionalsten Punkte in meiner persönlichen Welli-Geschichte.
See you in heaven!
Olli
Fotos: ovk